Kulturgüter unter dem Hammer
Mit seinem Entscheid, die Kulturgütersammlung zu verschenken oder zu entsorgen, hat der Gemeinderat einige Reaktionen ausgelöst. Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich persönlich und meist auf sozialen Plattformen emotional geäussert und fordern neue Lösungen.
Nur selten hat ein Gemeinderatsbeschluss die Bassersdorfer Bevölkerung derart beschäftigt, wie die Ende November kommunizierte Nachricht, die Kulturgütersammlung zu verschenken. Auch der ortsansässige Verein «Kultur-Netz» zeigt sich überrascht. Der Verein, welcher sich für den Erhalt von wichtigen, historischen Bauten und Örtlichkeiten einsetzt, zeigt sich auf seiner Internetseite resigniert. In der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Basi, wenn…» gingen die Wellen der überraschten Meinungen in den vergangenen Tagen teilweise hoch.
Enttäuschung und Ideen
Die Enttäuschung über das scheinbar harsche Vorgehen der Gemeinde ist allenthalben spürbar. Die Meinungen reichen jedoch von konsternierter Kenntnisnahme bis hin zu möglichen, zukünftigen Lösungsansätzen. So findet es K. Salzmann «sehr schade» und F. Honegger meint dazu «einfach nur truurig.» Der Vorschlag von M. Ines zeigt eine Lösung auf: «Die Kutsche könnte man doch auf den ‹Natur›-Kreisel stellen und mit Pflanzen bestücken». «Neben zahlreichen guten und konstruktiven Ideen wurden uns auch spannende Geschichten zu einzelnen Gegenständen erzählt», informiert die zuständige Gemeinderätin Selina Stampfli.
«Es war abzusehen»
Die Idee eines Ortsmuseum ist schon länger ein Thema. Das «Kultur-Netz» kümmert sich schon seit geraumer Zeit um die geschichtlichen Vermächtnisse in Bassersdorf. So war der Verein an der Diskussion rund um das ehemalige «Brückenwaagehaus», welches als Informationszentrum für Vereinsanlasswerbung genutzt werden konnte, oder dem alten Sodbrunnen zwischen den beiden Kreiseln massgeblich beteiligt. «Bedauerlich, aber es war abzusehen», kommentiert der Verein nun den gemeinderätlichen Vorstoss auf ihrer Website. Daraufhin hat der Verein entschieden, das «Brückenwaagehaus», welches während der Sanierungsarbeiten des Kreisels abgebrochen werden musste, nicht wieder aufzubauen. Damit ist ein weiteres Kulturgut zum Kollateralschaden geworden. «Unzählige freiwillige Arbeitsstunden zugunsten der Bassersdorfer Kulturgüter und Geschichte, Schreiben und Gespräche der letzten Jahre sind mit einem Schlag zunichte gemacht», kommentiert der Verein. Und ergänzt: «Nur mit der Sagi und Schmitte ist es nicht getan.»
Die knapp dreissig Seiten umfassende Inventarliste der Kulturgüter, welche auf der Gemeinde-Webseite eingesehen werden kann, gibt einen Überblick, um welche Art «Kulturgut» es sich handelt: Kutschen, Werkzeuge, Kleider oder Möbel sind nur einige. «Die meisten der aufgelisteten Güter sind nicht Bassersdorf-spezifisch», erklärt Selina Stampfli. Ob sich bis am 10. Januar 2023 eine Organisation oder eine Privatperson meldet, welche sich um die historischen Zeitzeugen kümmert, wird sich zeigen. Dies ist der vom Gemeinderat gesetzte Termin, an dem über das weitere Vorgehen diskutiert wird.
Anfrage bei Gemeindeversammlung
Adolf Kellenberger wollte mittels Anfrage an der letzten Gemeindeversammlung wissen, warum die Bevölkerung nie über die Aktivitäten des Gemeinderates in Bezug auf die Kulturgütersammlung informiert und in die Überlegung einbezogen wurde. Er frage sich, ob überhaupt Interesse an der kulturellen Vergangenheit des Dorfes bestehe. Gemeindepräsident Christian Pfaller hielt fest, dass die Bevölkerung bis am 10. Januar 2023 ihr Interesse an den eingelagerten Gegenständen bekunden und auch Vorschläge einbringen könne. Allenfalls könne man die eingelagerte Kutsche nach Ansicht von Kellenberger bei festlichen Aktivitäten (auch von der Gemeinde selbst), wieder einsetzen und ihr zu neuem Gebrauch verhelfen. (rh)