Die Geschichte hinter den Geschichten
Nebst Brot kann die Bevölkerung jetzt auch geistige Nahrung in der Bäckerei Bosshart erwerben, nämlich über den Geschichten-Automaten. Und dabei unterstützen sie erst noch etwas Gutes.
Die Primarschule Chapf, so erklärt es Co-Schulleiter Gian Decurtins, biete seit dem Schuljahr 2017/18 spezielle Ateliers an, eines davon ist das Schreibatelier. Melanie und Jaana, beide zehn Jahre alt, waren zwei der Schreibenden, die Geschichten für den in der Bäckerei Bosshart stehenden Geschichten-Automaten verfassten. Jaana antwortet auf die Frage, warum sie mitgemacht habe: «Ich schreibe gerne, obwohl das Schreibatelier nicht meine erste Wahl gewesen war.» Melanie fügt an, dass sie es toll finde, dass der Erlös vollumfänglich ukrainischen Kindern zugutekommt.
Nebst den schreibenden Hauptdarstellern und der Schule spannten eine Privatperson, zwei Bibliotheken und die Bäckerei zusammen. Die Brüttenerin Katja Hofmaier entdeckte vor Jahrzehnten in Wien solche Märchenautomaten. Hingerissen liess sie einen konstruieren, der Einfrankenstücke akzeptierte.
Nun hat sie ihn der Bibliothek geschenkt, wo er für einen guten Zweck wiederverwendet wird. Barbara Claus, Mitarbeiterin der Bibliothek, wusste, dass die Schule Brütten jährlich projektbezogenes Arbeiten anbietet. Dies schien dem Bibliotheksteam eine ideale Verwendung für den geschenkten Automaten.
«Die Kinder beschäftigen sich intensiv mit Sprache, sie benutzen ihre Fantasie. Sie schreiben nicht für die Schublade. Die Geschichten gehen in Umlauf und werden gelesen.»
Die Fantasie benutzen
Positiv an diesem Automatenprojekt sei, so Claus: «Die Kinder beschäftigen sich intensiv mit Sprache, sie benutzen ihre Fantasie. Sie schreiben nicht für die Schublade. Die Geschichten gehen in Umlauf und werden gelesen.» Die Einnahmen kämen dem Projekt «Livelibrary» zugute, erklärt Bibliotheksassistentin Anastasiia Kurmann: «Mittlerweile wurden über 1000 Bücher für die Bibliothek des Dorfes Putylovychi im Norden der Ukraine angeschafft. Diese werden in diesen schwierigen Zeiten des Krieges von den Kindern rege gelesen. Auf diese Weise konnte eine Oase des Wissens und der Inspiration entstehen.» Schliesslich erklärt Christa Bosshart von der Dorfbäckerei, dass ihr Ehemann nicht lange habe überlegen müssen, als er von der Bibliothek angefragt wurde, den Automaten aufzustellen. «Selbstverständlich hat er gleich zugesagt!»
Die Bibliotheksverantwortlichen suchten nach einem Standort mit längeren Öffnungszeiten. Der Automat erinnert ein wenig an einen einarmigen Banditen – nur dass keine Spielmünzen ausgespuckt werden, sondern Geschichten.