Nürensdorf

Wie das autonome Nervensystem uns beeinflusst

Bei zu viel Stress schaltet unser Verstand ab und das autono­me Nervensystem übernimmt. Körpertrainerin Livia Broger erklärte dieses komplexe System.

Livia Broger ist ausgebildete «somatic coach». (bg)

Wir alle kennen das: In manchen Situationen reagieren wir nicht mit dem Verstand, sondern nach einem ureigenen Muster – wir schreien herum, rennen weg oder wir treten ab, indem wir ohnmächtig werden. Auf Englisch: fight, flight oder freeze, also kämpfen, fliehen oder erstarren. Das autonome Nervensystem hat die Kontrolle übernommen.

«Das autonome Nervensystem ist eigentlich dazu da, uns das Überleben zu sichern»

Livia Broger, Körpertrainerin

Livia Broger, ausgebildete «somatic coach» – zu Deutsch etwa Körpertrainerin – gab in der Bibliothek Nürensdorf rund 50 Personen Einblick in die Welt dieses Nervensystems. «Das autonome Nervensystem ist eigentlich dazu da, uns das Überleben zu sichern», erklärte sie. Es regelt beispielsweise Atmung, Verdauung und Stoffwechsel. «Zudem scannt dieses System vier Mal pro Sekunde unsere Umgebung ab, um zu prüfen, ob diese sicher ist», so Broger. Ist sie das nicht, wird das Denk-Hirn ausgeschaltet und eines der vorher erwähnten Muster ausgelöst. Wenn uns in Urzeiten ein wildes Tier angegriffen hat, blieb auch nur kämpfen, fliehen oder totstellen. Zuerst einmal in Ruhe überlegen war keine Option.

Viel mehr Stress als früher

Doch was uns früher überleben half, wird zunehmend problematischer. «In der heutigen Gesellschaft haben wir viel mehr Stress als früher, und das System kippt viel schneller», sagte Broger. Wie man reagiere und an welchem Zeitpunkt man «kippe», sei sowohl genetisch bedingt wie auch durch Erfahrungen erlernt.

«In der heutigen Gesellschaft haben wir viel mehr Stress als früher, und das System kippt viel schneller»

Livia Broger, Körpertrainerin

Broger zum Beispiel hat nach einem Unfall mit einem Schädel-Hirn-Trauma eine Höhenangst entwickelt. «Ich konnte kaum auf einer Treppe stehen», erzählte sie. Und fügte lächelnd an: «Aber heute fliege ich wieder Gleitschirm.» Damit verriet sie sogleich, dass das autonome Nervensystem nicht nur uns beeinflusst, sondern dass auch wir darauf Einfluss nehmen können. Und zwar indem man sich selbst beobachte und bei drohendem Stress sofort Strategien zum Stressabbau anwende wie etwa joggen, stricken, tief atmen.

In ihrem Vortrag kam sie auf viele weitere Fachbegriffe wie Sympathikus, Parasympathikus oder Polyvagal-Leiter zu sprechen. Das Publikum löcherte sie mit Fragen. Am Ende des Vortrags klatschten die Zuhörenden begeistert.

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