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Ein Flugzeugabsturz, der auch nach 20 Jahren beschäftigt

24 der 33 Insassen kamen beim Absturz der Crossair-Maschine bei Bassersdorf am Samstag, 24. November 2001, ums Leben. Etliche Bassersdorfer Feuerwehrleute erinnern sich bis heute gut an das belastende Ereignis. Ein trauriger Geburtstag einer bleibenden Erinnerung.

Die Bergungs- und Aufräumarbeiten beim Flugzeugabsturz vor 20 Jahren waren sehr belastend für die eingesetzten Feuerwehrleute. (Foto: SRG)

In einer Zusammenfassung von Marcel Vogler steht zu lesen: «Es ist der 24. November 2001, als um 21.01 Uhr ein Crossair-Jumbolino mit der Flugnummer LX3597 mit 28 Passagieren und fünf Besatzungsmitgliedern in Berlin-Tegel abhebt. Im Tank sind 5650 Kilogramm Treibstoff. Der Pilot leitet um 21.42 Uhr im Kontrollbereich von Frankfurt ordnungsgemäss einen Sinkflug auf 16 000 Fuss ein und bespricht mit dem Kopiloten den Anflug. Um 21.48 Uhr erfährt der Pilot, dass er auf der Piste 28 landen soll. Die Freigabe für den Anflug wird um 21.58 Uhr erteilt. Um 22.05 ist der Flug laut Piloten stabilisiert, die letzten Vorbereitungen zur Landung werden gemacht. Der Captain vermeldet eine ‹gewisse Sicht› auf den Boden. Eine Minute später meldet der Radar-Höhenmesser, dass man auf der minimalen Höhe fliege, die Funkverkehrsleitstelle erteilt die Landeerlaubnis. Direkt nach diesem Funkspruch befiehlt der Pilot, ohne unruhig zu wirken, den Durchstart. Ein Signal bestätigt das Ausschalten des Autopiloten. Der Kopilot bestätigt den Befehl zum Durchstarten. Nur eine Sekunde später beginnt der Voicerecorder die Geräusche des Aufpralls aufzunehmen, dann bricht die Aufzeichnung ab.»

Grossalarm für Einsatzkräfte

Marcel Vogler war damals Oberleutnant der Feuerwehr Bassersdorf, der Absturz der Crossair-Maschine zusammengetragen hat. Vogler hat dieses Ereignis aufgearbeitet mit den Kommandanten des Bezirkes sowie einen Bericht verfasst, in dem alle Exponenten ihre Version des Vorfalls schilderten. Für die «Schweizerische Feuerwehrzeitung» hat der Bassersdorfer auf deren Bitte hin eine entsprechende Zusammenfassung geschrieben, die bis heute einen Einblick in das Geschehen gibt. Marcel Vogler erinnert sich: «Es bedeutete Grossalarm für die Einsatzkräfte!» Schon um 22.10 Uhr sei der Alarm bei der Flughafenfeuerwehr eingegangen und zehn Minuten später seien 15 Mann vor Ort gewesen und hätten mit dem Löschen des lichterloh brennenden Flugzeugwracks begonnen. Gleichzeitig sei der Alarm bei der Feuerwehr Altbach eingegangen und 65 Leute seien ausgerückt. Die Altbacher Feuerwehrleute verlegten zwei Löschleitungen vom Restaurant Kreuzstrasse zum Wrack, rund zweieinhalb Kilometer Schläuche seien verlegt wurden, zwei Pumpen und ein Tanklöschfahrzeug mussten dazwischengeschaltet werden. Vom Stützpunkt Kloten rückten 80 Leute aus und nahmen gleichzeitig die Ortsfeuerwehr-Kompanie mit. Zuerst wurde bei den Löscharbeiten geholfen, danach das Gelände nach Vermissten abgesucht.

Keine einfachen Bedingungen

In seinem Schlussbericht über den Crossair-Absturz schrieb der damalige Feuerwehr-Kommandant Andreas Zweerus: «Erst um 22.54 Uhr wurde die Feuerwehr Bassersdorf alarmiert, mit dem Auftrag, von der Gerlisbergstrasse her bis zur Unfallstelle das Gelände nach möglichen Überlebenden abzusuchen. An der Unfallstelle hatte man nämlich Überlebende angetroffen und rechnete deshalb damit, dass allenfalls noch weitere Personen umherirren könnten.»

Die Aufgabe sei schwierig gewesen und habe von den Feuerwehrleuten viel gefordert, sowohl physisch wie auch psychisch. Denn die Bedingungen seien alles andere als einfach gewesen. Das Wetter sei denkbar schlecht gewesen, es schneite leicht und die Wolken hätten bis in die Baumwipfel hinunter gehangen. Zudem hätten herumliegendes Holz und Brombeeren ein Durchkommen erheblich erschwert. Die vorhandenen Taschenlampen seien zudem für eine solche nächtliche Suchaktion nicht sonderlich geeignet gewesen. Die Orientierung der Feuerwehleute war deshalb erheblich erschwert.

Tote und Überlebende

An Bord der Maschine waren 28 Passagiere, von denen 21 beim Unfall ums Leben kamen. Unter den Toten befanden sich zwei der drei Sängerinnen der Popgruppe «Passion Fruit», die zu einem Auftritt in Lipperswil im Kanton Thurgau unterwegs waren. Nur Deborah St. Maarten überlebte schwer verletzt. Die Popsängerin Melanie Thornton starb ebenfalls bei dem Unfall, sie war auf dem Weg zu einem Auftritt für ihre Single «Wonderful Dream» in eine Fernsehsendung – diese Sendung wurde daraufhin abgesagt. Die spätere Schweizer Nationalrätin Jacqueline Badran und ihr Geschäftspartner Peter Hogenkamp, die ebenfalls an Bord dieser Maschine waren, überlebten den Unfall dank glücklicher Umstände nur leicht verletzt. Sie waren während des Fluges in den hinteren Teil der Maschine gegangen. Gegen drei Uhr morgens wurde die Feuerwehr nach Hause entlassen, damit alle am Morgen um 9 Uhr wieder einsatzbereit sein konnten. Im Laufe der Nacht bildete sich auf dem Bachtobelbach im Raume Friedhof ein Schaumteppich, der durch die Firma Aweka abgesaugt wurde. Weiter berichtete Kommandant Andreas Zweerus: «Der Montag, 26. November, stand ganz im Zeichen der Opferbergung. Die zehn Angehörigen der Feuerwehr Bassersdorf mussten dabei nicht mithelfen. Unsere Aufgabe bestand wieder darin, die Zone 1 abzusichern. Hinzu kam die Mithilfe bei der Personenkontrolle auf der Zufahrtsstrasse, Herrichten der Wege zum Flugzeug mit Holzschnitzeln, Errichten von Bachsperren sowie das Umleiten des Baches mittels Pumpen und Schläuchen.»

Kontaminierte Bäume

Ab Dienstag seien dann die Flugzeugtrümmer geborgen und nach Embrach in eine Lagerhalle abtransportiert worden. Hier waren die Feuerwehrleute wieder sehr gefordert. Auch seien einige Pioniereinsätze zusammen mit der Berufsfeuerwehr nötig gewesen, um die grössten Flugzeugteile zu zerkleinern. Viele dieser Arbeiten hätten unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden müssen, da aufgrund giftigen Karbonfasern im Flugzeugmaterial ein Atemschutz vorgeschrieben war.

Die Aufräumarbeiten dauerten bis Donnerstagvormittag. Danach bestand die Aufgabe der Feuerwehr im Aufräumen der Umgebung. Auch wurden sie eingesetzt zur Mithilfe im Forstwesen beim Fällen und Schreddern der mit Kerosin kontaminierten Bäume. Am Freitagmittag habe dann auch die Bachumleitung aufgehoben werden können. Weiter in Betrieb waren jedoch die Ölsperren bis Freitag, 10. Dezember.

Enge Zusammenarbeit erreicht

Erstmals in der Geschichte der Feuerwehr Bassersdorf sei nach einem Einsatz auch ein professionelles Debriefing durchgeführt worden, so der damalige Kommandant. Der erste Anlass mit der gesamten Mannschaft fand am Montag 26. November, in der katholischen Kirche Bassersdorf statt. Die meisten der im Einsatz gestandenen Angehörigen der Feuerwehr hätten diese Gelegenheit genutzt, sei es doch ein echtes Bedürfnis vieler gewesen, über das Erlebte zu reden. In seinem Fazit stellte er fest: «Ein Flugzeugabsturz mit Überlebenden ist nicht ‹normal› und stellt in der ersten Phase sehr hohe Anforderungen an die Rettungskräfte. Der Einsatz mit total 1247,5 Arbeitsstunden für die Feuerwehr Bassersdorf war für alle recht belastend, aber trotzdem interessant. Ausserdem hat er zu einer engen Zusammenarbeit zwischen allen einbezogenen Hilfsorganisationen geführt.»

Gründe für das Unglück

Hauptursache für den Unfall der Maschine sei das Unterschreiten der Mindestsinkflughöhe beim Landeanflug durch die Piloten gewesen, ohne dabei in Sichtkontakt mit der Anflugbefeuerung oder der Landebahn selbst zu sein – so ist es in diversen Berichten zu lesen. Die beiden Piloten hätten nicht sofort auf die zwei Warnungen der Maschine reagiert, sondern sich abwartend verhalten, während sie den Sinkflug fortsetzten. Dadurch sei es zu einem klassischen CFIT (Controlled flight into terrain) gekommen. Weiter ist zu lesen: Das Büro für Flugunfalluntersuchungen habe die Lotsin im Tower kritisiert, da sie nach der Landeerlaubnis die Maschine für kurze Zeit nicht überwachte und daher nicht weiter nach der Bestätigung der Landeerlaubnis fragte.

Der Unfall hätte möglicherweise verhindert werden können, wenn der Kommandant das Durchstart-Verfahren nach der ersten oder den beiden Warnungen früher durchgeführt hätte. Der viel jüngere Kopilot habe trotz der Warnanzeigen keine Massnahmen durchgeführt, um früher das Durchstarten auszuführen, sondern sich ausschliesslich an den Kommandanten gehalten. Laut des Abschlussberichts des Unglücks waren die Überlebensmöglichkeiten gering, da die Passagiere von der Notsituation überrascht wurden und keine Notlandung angekündigt war.

Der damalige CEO André Dosé, der Crossair-Gründer Moritz Suter und vier weitere Mitarbeiter mussten sich wegen fahrlässiger Tötung in 24 Fällen und fahrlässiger Körperverletzung in 9 Fällen vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. Das Bundesstrafgericht gelangte am 16. Mai 2008 für alle Angeklagten zu einem Freispruch, da dem Gericht für viele der Vorwürfe keine ausreichenden Beweise vorlagen.

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