Region

«Es ist eine Zumutung!»

Eine Hiobsbotschaft für viele Gemeinden, welche bereits am Limit sind bei der Beherbergung von Asyl- und Schutzsuchenden, erliess Regierungsratspräsident Mario Fehr Ende Januar. Die Aufnahmequote wird neu auf 1,6 Prozent festgelegt.

Änderung der Asyl-Aufnahmequoten seit April 2022. (zvg)

Der Bund rechnet auch 2024 mit einer unverändert hohen Zahl neuer Asylgesuche und Anträge für Status S. Auch wenn der Kanton Zürich seine Infrastruktur für die Unterbringung von Asyl- und Schutzsuchenden weiter ausbaut, sei eine Erhöhung der Aufnahmequote auch für die Gemeinden unumgänglich, liess Regierungspräsident Mario Fehr Ende Januar in einer Medienmitteilung wissen.

Konkret erhöht er die seit 1. Juni 2023 festgelegte Aufnahmequote von 1,3 Prozent auf neu 1,6 Prozent (16 Personen auf 1000 Einwohnerinnen und Einwohner) per 1. Juli 2024. Damit sind die Gemeinden gewaltig gefordert: in nur fünf Monaten müssen sie zusätzlichen Wohnraum bereitstellen. Die Ressortvorsteherinnen Edith Betschart aus Nürensdorf, und Brüttens Erika Schäpper sagen klar: «Es ist eine Zumutung!»

Sozialbau in Planung

Die Situation ist in allen drei dorfblitz-Gemeinden dasselbe: durch die mehrmaligen Erhöhungen der Asylquote in den letzten zwei Jahren sinken mögliche Unterbringungsmöglichkeiten immer weiter und machen sie zu einer Mammutaufgabe. So konnte beispielsweise in Bassersdorf der Wohnraum nur mit befristeten Mietverhältnissen sichergestellt werden. Einige dieser befristeten Mietverträge laufen im Sommer 2024 aus. Die Gemeinde hat bereits eine Sozialunterkunft für rund 50 Personen am Standort Ufmatten in Planung, welche noch im Herbst zur Abstimmung gebracht werden soll und über die an der nächsten Gemeindeversammlung vom 14. März informiert wird. Aber auch sie wird nicht bis im Juli dieses Jahres bereitstehen.

Betreuung und Unterkunft

Nürensdorf hat letztes Jahr im Juni den Erweiterungsbau der Asylunterkunft mit 20 neuen Betten an der Eigentalstrasse bezogen, welcher mit 1,5 Millionen Franken zu Buche schlug. Sozialvorsteherin Edith Betschart betont jedoch, dass die Asylunterkunft bereits wieder gut belegt sei. «Wir sind am Anschlag! Der Wohnraum ist das eine, die Administration und die Betreuung jedoch genauso herausfordernd», sagt sie. Die ganze Situation sei sehr schwierig, vor allem die Kurzfristigkeit macht allen zu schaffen.

«Wir sind am Anschlag! Der Wohnraum ist das eine, die Administration und die Betreuung jedoch genauso herausfordernd.»

Edith Betschart, Sozialvorsteherin

Auf Schultern der Gemeinden

Ihre Amtskollegin Erika Schäpper in Brütten sieht es genauso: «Wir werden allein gelassen vom Kanton und müssen uns mit allen Problemen herumschlagen, welche beim Kanton nicht geklärt wurden.» Eines der Probleme sind beispielsweise die verschiedenen politischen Ansichten der ukrainischen Flüchtlinge. Während die einen aus dem Donbas fliehen und pro-russische Anhänger sind, sind andere ukrainische Flüchtlinge nicht gut auf sie zu sprechen. «Es ist schwierig, pro-russische Anhänger mit den Gegnern im selben Haus wohnen zu lassen.» Nur wisse man das nicht immer zu Beginn.

Weitere grössere Herausforderungen sind die Einschulungen der Kinder – «es liegt alles auf den Schultern der Gemeinden», sagt Schäpper. Auch wenn die Gemeinde Brütten vor kurzem ihre Zusammenarbeit mit Bassersdorf bekanntgegeben hat, bleibt einiges dennoch in Brütten. «Wir wissen besser, wo Unterkünfte frei sind oder wo wir anfragen können – man muss sehr aufmerksam sein und direkt auf die Leute zugehen und nachfragen», sagt Ressortvorsteherin Erika Schäpper.

Bund steht in Pflicht

«Der Bund bestimmt, der Kanton bestimmt und wir Gemeinden baden es aus», fassen Edith Betschart und Erika Schäpper die Situation zusammen. Mario Fehr sieht das Asylwesen als eine Verbundaufgabe, wie er schreibt. Die beiden Damen zweifeln diese Aussage jedoch an.

Mario Fehr fordert den Bund auf zu klären, wie er den künftigen Umgang mit Schutzbedürftigen aus der Ukraine zu regeln gedenke. Ein Thema, welches bereits schweizweit in aller Munde ist. Die Verantwortlichen in den Gemeinden spüren die Dringlichkeit dieses Anliegen. Der Goodwill schwinde in der Bevölkerung, nehmen sie wahr.

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