Region

Fachkräfte dringend gesucht

Ende letzten Jahres erreichte der Fachkräftemangel gemäss dem Fachkräftemangel-Index der Adecco Gruppe Schweiz und des Stellenmarkt-Monitors Schweiz der Universität Zürich einen historischen Rekordwert. Heute hat sich die Situation noch nicht entspannt. Auch in der dorfblitz-Region ist dieser Trend zu spüren, jedoch nicht so drastisch, wie eine Umfrage bei Unternehmen und Gesundheitseinrichtungen zeigt.

Verschiedene Unternehmen in der dorfblitz-Region haben mit Fachkräftemangel zu kämpfen. (rh)

Bei den befragten Firmen in der dorfblitz-Region tönt es unisono, dass sie mit dem Fachkräftemangel ebenfalls zu kämpfen hätten. «Wir haben zwar das Glück, dass praktisch alle unsere Stellen besetzt sind», sagt etwa Dani Bleuler, Geschäftsführer und Inhaber der Huber Baugeschäft AG in Bassersdorf. «Bei einer Vakanz ist es aber schwierig, diese Stelle wieder zu besetzen, da der Markt ausgetrocknet ist.» Dies betreffe alle Berufsgruppen in seinem Bereich, wie etwa Bauarbeiter, Maurer, Gerüstbauer, Poliere oder Bauführer.

Mangelnde Wertschätzung

«Es gibt mehrere Gründe für den Mangel an Personen im Baufachbereich», erkennt Bleuler. Einer davon sei der demografische Wandel. Viele erfahrene Handwerker kämen derzeit ins Pensionsalter und es gebe nicht ausreichend junge Fachkräfte, die in die Branche nachrücken und die Lücke schliessen könnten. Das Bauhandwerk werde zudem oft als körperlich anspruchsvoll und wenig attraktiv wahrgenommen, was junge Menschen davon abhalten könne, diesen Berufsweg einzuschlagen. Auch eine mangelnde gesellschaftliche Wertschätzung spüre man nach wie vor.

«Eine gute Arbeitsstelle hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören auch Arbeitsbedingungen, Unternehmenskultur, Aufstiegschancen, Work-Life-Balance und die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung.»

Dani Bleuler, Geschäftsführer Huber Baugeschäft AG

Doch was unternimmt Bleuler, um diesem Phänomen entgegenzuwirken? Der Lohn sei sicher wichtig und müsse passen, doch dies reiche in den wenigsten Fällen. «Eine gute Arbeitsstelle hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören auch Arbeitsbedingungen, Unternehmenskultur, Aufstiegschancen, Work-Life-Balance und die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung.» Diese Aspekte trügen zur Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter bei, was letztendlich eine gute Arbeitsstelle ausmache. «Zudem muss es jedem Mitarbeiter auch Spass machen, bei uns zu arbeiten, daraus entsteht die maximale Leistung und der entsprechende Erfolg. Dies bedeutet, dass wir uns als Führungscrew diesem Thema annehmen müssen», ist Bleuler überzeugt.

«Da bei uns physisch in Teams gearbeitet wird, können wir bei unseren Angestellten nicht mit gleitender Arbeitszeit oder Homeoffice punkten. Auch Teilzeitarbeit ist bei uns nur in Ausnahmefällen möglich»

Walter Sommer, Geschäftsführer Spaltenstein Gartenbau AG

Nicht mit Homeoffice punkten

Auch bei der Spaltenstein Gartenbau AG in Baltenswil ist der Fachkräftemangel ein Dauerthema, bestätigt Geschäftsführer Walter Sommer: «Mit diesem Problem sind auch wir, wie unsere ganze Branche konfrontiert. Vor allem Vorarbeiter und Gärtner sind rar.» Und worauf führt er dies zurück? «Unsere Leute müssen zupacken können und dürfen auch schmutzige Hände nicht scheuen», sagt Sommer. Und das scheint heute nicht mehr attraktiv. «Da bei uns physisch in Teams gearbeitet wird, können wir bei unseren Angestellten nicht mit gleitender Arbeitszeit oder Homeoffice punkten. Auch Teilzeitarbeit ist bei uns nur in Ausnahmefällen möglich», so der Geschäftsführer. Deshalb setzt er auf ungelernte Kräfte und man nehme sich Zeit, diese in den Beruf des Gartenbauers einzuführen. «Wir geben ihnen die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Wer sich einsetzt, mitdenkt und Freude am Beruf zeigt, findet bei uns einen Arbeitsplatz mit Zukunft und Perspektive», verspricht Sommer.

Auch Thomas Weiss, Geschäftsführer der Weiss Küchen + Innenausbau AG in Nürensdorf, bekundet Mühe, gute Berufsleute zu finden. In seinem Bereich sind das vor allem Schreiner, Schreiner-Projektleiter, Schreiner-Monteure, Projektleiter-Verkauf, wie er auf Anfrage schreibt. Die Handwerksberufe seien bei Jungen zu wenig attraktiv, da es körperlich streng sei und auch der Lohn eher tief. Deshalb seien die Bewerbungen auf Lehrstellen stark rückläufig, so Weiss. Der Beruf Schreiner müsse an den Schulen wieder schmackhaft gemacht werden. Denn Handwerker würden immer gebraucht, ist Weiss überzeugt.

Ähnliches hört man ebenfalls aus der Elektrobranche. Markus Kaiser, Geschäftsführer der Elektro Neuhaus AG in Bassersdorf, bildet zwar jedes Jahr vier Lernende zu Elektroinstallateuren aus, doch diese zu rekrutieren, sei jedes Mal schwierig. «Die heutige Generation Z hat zu wenig Interesse an diesem Beruf», bedauert der diplomierte Elektroinstallateur.

«Wir haben ein sehr gutes Team, das sich zum grossen Teil selbst reguliert. Ob in- oder ausländische Arbeitskräfte spielt dabei keine Rolle. Die Leistungsbereitschaft muss stimmen, damit jemand zu uns passt», ist der Geschäftsführer der Firma Kambium überzeugt.»

Marco Schäuble, Geschäftsführer Kambium Holzbau AG

Mitarbeitende werben

Etwas besser scheint es dagegen bei der Firma Kambium Holzbau AG in Bassersdorf zu laufen. Ihr Geschäftsführer Marco Schäuble erklärt: «Wir haben die Thematik und die Diskussionen zum Fachkräftemangel natürlich ebenfalls mitbekommen. Glücklicherweise können wir aber sagen, dass wir davon derzeit nicht betroffen sind. Wir hatten im ersten Halbjahr einige Stellen ausgeschrieben. Innert wenigen Monaten sind gegen 30 bis 40 Bewerbungen eingegangen und wir konnten fünf neue Mitarbeiter einstellen», so Schäuble.

Doch was macht Kambium anders als andere Unternehmen? «Meiner Meinung nach ist die Attraktivität des Arbeitgebers der wichtigste Punkt», so Schäuble. Der Lohn müsse ebenfalls stimmen, sei aber nur einer von vielen wichtigen Faktoren. «Wir haben einige Mitarbeitende, welche durch bestehende Mitarbeitende angeworben wurden. Dies spricht für uns als attraktiven Arbeitgeber. Wir haben ein sehr gutes Team, das sich zum grossen Teil selbst reguliert. Ob in- oder ausländische Arbeitskräfte spielt dabei keine Rolle. Die Leistungsbereitschaft muss stimmen, damit jemand zu uns passt», ist der Geschäftsführer der Firma Kambium überzeugt.

Auch im Lehrstellenbereich sei er sehr zufrieden. «Wir bekommen viele Anfragen für Schnupperlehren, wovon ein grosser Teil der angehenden Lernenden sehr interessiert und motiviert ist. Wir haben ein relativ intensives Auswahlverfahren. Vor einer Bewerbung müssen unter anderem mindestens zwei volle Schnupperwochen absolviert werden. So können wir erfolgreich sicherstellen, dass die angehenden Lernenden schulisch und handwerklich geschickt sind. Dabei werden insbesondere die Motivation und das Durchhaltevermögen auf die Probe gestellt», so Schäuble. «Wir haben uns als Ziel gesetzt, pro Jahr mindestens einen vielversprechenden Lernenden oder eine Lernende auszubilden. Qualität geht hier über Quantität. In diesem Sommer beginnen drei neue Lernende ihre Ausbildung bei uns, im Sommer 2024 werden es voraussichtlich zwei sein.»

Drastische Verschlechterung im Gesundheitswesen

Bekanntlich besonders prekär ist die Situation im Gesundheitswesen. Das spürt auch das KZU, das Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit, zu dem das Pflegezentrum Bächli in Bassersdorf und die Pflegewohnungen im Zentrum Bären in Nürensdorf gehören. «Wir sind nicht nur von einem Fachkräftemangel, sondern ich würden sogar sagen von einem Arbeitskräftemangel betroffen», schreibt Rita Himmelhan, Leiterin Kommunikation beim KZU, auf Anfrage. Der Mangel an Berufsleuten betreffe jedoch nicht nur den Pflegebereich, sondern viele Berufsgruppen. «Auch im KZU ist es schwierig, gut ausgebildetes Fachpersonal für unsere verschiedenen Bereiche zu finden – sei es in der IT, Buchhaltung, Personalabteilung oder Materialwirtschaft».

Das KZU unternehme jedoch einiges, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Nicht nur um neue Fachkräfte zu gewinnen, sondern auch, um bestehende zu halten. «Das KZU bietet seinen Mitarbeitenden attraktive Benefits beispielsweise in den Bereichen Work-Life-Balance und Gesundheitsförderung, neben den Anstellungsbedingungen». Ebenso in der Aus- und Weiterbildung würde das KZU vieles unternehmen. «Zum Beispiel Unterstützungsangebote für Pflegehilfen, die sich zur Fachfrau/zum Fachmann Gesundheit weiterbilden möchten. Auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind bei uns willkommen. Wer sich intern weiterentwickeln und verändern möchte, wird gefördert und unterstützt», so die Vertreterin des KZU.

Das KZU investiere viel in die Ausbildung von Lernenden. Man biete Ausbildungen in zehn verschiedenen Grundbildungen und sechs unterschiedlichen Tertiär-Ausbildungen. Pro Jahr seien dies an allen Standorten zwischen 25 und 30 Lernende, Studierende und Praktikanten.
Eine ähnliche Situation ist beim Alters- und Pflegeheim Breiti in Bassersdorf festzustellen. Hier fehle es gemäss Auskunft von Marc Lehmann, Co-Zentrumsleitung Finanzen, vor allem an Pflegepersonal. Da kaum qualifiziertes Personal zu finden sei, müssten die Personallücken mit teurem, externem Personal gefüllt werden.

Fehlende Anerkennung der Leistung

Drastisch verschlechtert hat sich die Situation bei der Spitex Bassersdorf Nürensdorf Brütten, wie vom Geschäftsführer Gerhard Lechner zu erfahren war: «Unsere Organisation war schon vor Corona permanent vom Fachkräftemangel betroffen, nachher hat sich die Arbeitsmarktsituation jedoch in einem nie da gewesenen Ausmass drastisch verschlechtert. Die Nachfrage nach Pflegeleistungen können wir aktuell sehr knapp und nur mit temporären Fachkräften befriedigen», erklärt Lechner.

Die Gründe seien vielschichtig: Grundsätzlich fehle es an Nachwuchs, um den stetig steigenden Pflegebedarf abdecken zu können, so Lechner. Die Anforderungen wie die physischen und psychischen Belastungen im Beruf, hätten spürbar zugenommen und führten oft zu Überforderung, Burnout oder frühzeitigem Ausstieg aus dem Pflegeberuf. Hinzu komme vielerorts fehlende Anerkennung und Wertschätzung, leistungsungerechte Löhne und damit einhergehend Frustration und Demotivation. «Um Abhilfe zu schaffen, konzentrieren wir uns sehr stark auf Attraktivitätsmerkmale wie flexible Arbeitsmodelle, soziale Vergünstigungen, Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit/Familie, Förderung von Fort- und Weiterbildungen, Chancengleichheit, Mitbestimmung, Feedback-Kultur oder gemeinsame positive Erlebnisse», so der Spitex-Geschäftsführer.

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