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Immobilien aufräumen

Nach dem Zusammenschluss der drei Kirchgemeinden Bassersdorf-Nürensdorf, Lindau und Brütten zur Kirchgemeinde Breite fielen die Liegenschaften der drei Institutionen an die Kirchgemeinde Breite. Die Kirchenpflege hat das Liegenschaftenportfolio analysiert und leitet jetzt Schritte ein.

Das alte Pfarrhaus Steinlig in Bassersdorf: zwar ein altes Gebäude von der Substanz her und dennoch wegen der Lage eine Perle im Immobilienportfolio der Kirchgemeinde Breite. (sg)
So geruhsam wie auf dem Bild haben Rahel Rageth und Daniel Brunner die letzten Monate nicht zusammengesessen. (sg)

Das Liegenschaftenportfolio der neuen Kirchgemeinde Breite ist vielfältig: abgesehen von vier Gotteshäusern beinhaltet es auch zahlreiche Liegenschaften an vier verschiedenen Orten, in welchem die administrativen Belange der rund 7500 Mitglieder grossen Kirchgemeinschaft erledigt werden. Dazu kommen verschiedenste Wohnungen und Häuser für die Pfarrpersonen. «Neben dem Hauptfokus des kirchlichen Lebens, welches wir als zusammenfindende Kirchgemeinde sorgsam aufbauen wollten, haben uns die vielfältigen Liegenschaften und die Fragen des Alters, Unterhalts und Nutzung fast erschlagen», erklärt Kirchenpflegepräsidentin Rahel Rageth. Der Moment sei jedoch der richtige, um diese Thematik genau zu analysieren, was die Kirchenpflege denn auch in Angriff genommen hat.

Bedarf im Auge

Daniel Brunner, Liegenschaftenverantwortlicher in der Kirchenpflege, hat damit einen umfassenden Auftrag gefasst. Es galt, eine Immobilienstrategie zu erarbeiten, welche den Bedarf an Kirchenräumen und weiteren Räumen für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre einbezieht. Wichtigstes Ziel: Das Immobilienportfolio soll auf die veränderte Situation angepasst und vor allem auch bereinigt werden.

Einige Fakten beeinflussen denn auch die Strategie: so verliert die Kirchgemeinde Bassersdorf aktuell pro Jahr gegen 2,5 Prozent ihrer Mitglieder. Die Mitgliederzahl ist wiederum entscheidend für die Berechnung der Pfarrstellenprozente, welche von der Landeskirche zugesprochen werden. Beide Fakten haben einen Einfluss auf einerseits den Bedarf an Pfarrwohnungen und andererseits an administrativen Büroräumlichkeiten.

Zu grosses Immobilienportfolio

Das Ergebnis der Analyse interpretierte die Kirchenpflege wie Daniel Brunner ausführt: «Wir sind der Ansicht, dass das Immobilienportfolio für den aktuellen Bedarf zu gross ist. Für das kirchliche Leben werden keine neuen Infrastrukturgebäude wie Kirchen, Versammlungs- oder Schulungsräume benötigt». Obwohl uns bewusst war, dass sich die interne Zusammenarbeit der Verwaltung und Mitarbeiter schwierig gestaltet durch die dezentrale Struktur, sahen wir von einem Neubau ab und mietete beispielsweise in Nürensdorf an der Baltenswilerstrasse 2 Räume hinzu, um flexibel auf Mitarbeiterveränderungen reagieren zu können.

Bezüglich der finanziellen Situation kam man zum Schluss, dass mit der schrumpfenden Tendenz der Kirchgemeinde die räumliche Flexibilität wichtig sei, ebenso wie den Fremdkapitaleinsatz für Bauprojekte tief zu halten.

So geruhsam wie auf dem Bild haben Rahel Rageth und Daniel Brunner die letzten Monate nicht zusammengesessen. (sg)

In Proritätsklassen eingeteilt

In einem nächsten Schritt klassifizierte das Gremium die vorhandenen Objekte in Prioritätsklassen, wobei die höchste Priorität den Objekten von zentraler Bedeutung für das kirchliche Leben zukommt. Dazu gehören die drei Kirchgebäude und die Kapelle Breite sowie die Pfarrhäuser Brütten und Lindau, der Zentrumsbau in Nürensdorf als auch das Kirchgemeindehaus in Bassersdorf. Alle anderen Objekte werden nach ihrem Nutzen für die Attraktivität der Kirche beurteilt. Einige könnten auch Einnahmen generieren, entweder in Form von Mietzinsen oder wenn sie veräussert würden. Die Kirchgemeinde würde so einen gewissen Finanzierungsspielraum für Neubauten gewinnen.

Umsetzung bereits begonnen

Als Schlusspunkt der Immobilienstrategie definierte das Gremium strategische Massnahmen, welche sie seit Mitte 2022 an die Hand nahmen und bereits am Umsetzen sind. Die Zentralisierung der Mitarbeiter der Verwaltung, Sozialdiakonie und Jugendarbeit zog bereits Mitte letzten Jahres in gemietete Büroräumlichkeiten vis-à-vis des Zentrumsgebäudes in Nürensdorf. Diese wurden noch für rund 145 000 Franken umgebaut, was die Kirchgemeinde im September 2022 gut hiess.

Ebenfalls gab der Entscheid zu reden, das unter Schutz stehende Centrumshüsli, die Liegenschaft unterhalb der Kirche Bassersdorf an der Gerlisbergstrasse 2, zu veräussern. «Das Gebäude steht zurzeit leer und ist stark sanierungsbedürftig», erklärt Daniel Brunner. «Unserer Strategie folgend, wollen wir dieses Gebäude nicht selbst sanieren, da der finanzielle Bedarf doch sehr hoch ist mit geschätzten rund 700 000 bis einer Millionen Franken.» Man sei jedoch sehr gespannt darauf, was die «Initiative Maja Brunner» bringen werde (wir berichteten). Wenn ein gutes Projekt vorhanden sei, sei die Kirche sicher bereit, Hand zu bieten, sagt Brunner.

Perle im Portfolio

An einer ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung Mitte Januar stand ein gewichtiges Projekt zur Debatte. Der Kreditantrag für einen Architekturwettbewerb für den Neubau des Pfarrhauses Steinlig. Diese Perle im Portfolio der Kirche, nicht des Gebäude wegen, aber wegen des 1306 Quadratmeter grossen Grundstücks in der Lageklasse 2 in Bassersdorf, gab denn auch zu reden. Das Haus aus den 50er-Jahren ist zwar teilrenoviert, aber dennoch alt, heizt noch mit Öl und müsste umfassend saniert werden. Die Idee der Kirchenpflege wäre ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen zu bauen, eine davon würde als Pfarrwohnung genutzt. «Damit wir flexibel bleiben und allenfalls Wohnungen in einzelnen Tranchen veräussern könnten bei zusätzlichem finanziellem Bedarf, würden wir es im Stockwerkeigentum vorsehen», erklärt Brunner an der Versammlung. Die sechs Stockwereigentumsanteile blieben vorderhand bei der Kirchgemeinde Breite, die Wohnungen sollen vermietet werden. Gerechnet wird mit Anlagekosten von rund 3,5 bis 4 Millionen Franken. Der erste Schritt wäre ein anonymer Architekturwettbewerb und der Projektierungsaufwand für ein bewilligungsfähiges Projekt auf dem Grundstück Steinlig Dazu wurde ein Kredit über 400000 Franken bewilligt.

Vorangehend gab es kritische Stimmen, vor allem der anonyme Architekturwettbewerb war einigen Votanten nicht geheuer oder man stellte die Kostenhöhe in Frage. Rahel Rageth antwortete: «Wir sind kein Fachgremium. Es ist ein übliches Vorgehen für solche Projekte der öffentlichen Hand. Wir investieren hier sehr viel Geld, daher müssen wir uns auch als Gremium absichern. Der Ablauf ist so korrekt geführt, wir setzen uns keinem Vorwurf der Vetterliwirtschaft aus, auch wenn es teurer wird». Auch die Rechnungsprüfungskommission befürwortete das Vorgehen.

Land verflüssigen

Dass es der Kirchenpflege ernst ist, unnötige Objekte zu Geld zu machen, zeigte auch das andere Traktandum: der Verkauf eines Landstücks in Nürensdorf beim Schulhaus Hatzenbühl. Dieses Landstück gehört mit 5680 Quadratmetern Fläche der Kirchgemeinde Breite und mit 1122 Quadratmetern Fläche der Politischen Gemeinde Nürensdorf. Da es in der Zone für öffentliche Bauten liegt, kann es nicht beliebig an den Meistbietenden verkauft werden. Die Kirchenpflege gelangte daher an den Nürensdorfer Gemeinderat mit der Anfrage, ihr Landstück zu kaufen. Der Gemeinderat liess wissen, dass auch sie diese Parzelle nicht benötigen. Für eine Erweiterung der Schulhausanlage wären andere Parzellen weit besser geeignet. Am Ende bot man 100 Franken pro Quadratmeter. Dieser Quadratmeterpreis war denn auch ein Stein des Anstosses an der Kirchgemeindeversammlung. Der Gemeinderat hätte die Kompetenz gehabt, dies im Alleingang zu entscheiden, will es aber an einer Gemeindeversammlung vorlegen. Trotzdem fanden die Anwesenden diesen Betrag zu niedrig. Die Vorstellung der Kirchenpflege bewegte sich bei 150 Franken und der Vorwurf stand im Raum, man hätte bei den Verhandlungen zu schnell beigegeben und zu wenig gekämpft. Rahel Rageth antwortete bestimmt: «Die Gemeinde braucht dieses Land nicht und haben deutlich gemacht, dass sie daher nicht mehr zu zahlen bereit sind. Wäre es normales Bauland, würden wir es auf keinen Fall abstossen, so jedoch generieren wir flüssige Mittel für die Finanzierung des Steinlig-Projektes, welches wir als sinnvoller erachten.» Einige Votanten wollten das Land behalten und darauf spekulieren, dass es später allenfalls höher verkauft werden könnte oder gar umgezont würde. Am Ende wurde der Antrag deutlich angenommen.

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