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Lichtorgie sticht Lichterglanz aus

Im Advent sind Beleuchtungen von Bäumen oder Hausformen eine beliebte Tradition und stimmen auf Weihnachten ein. Während sich die einen daran erfreuen, ärgert es andere, die in den Weihnachtsbeleuchtungen keine Tradition sehen, sondern es als Lichtverschmutzung einordnen.

Die Adventszeit ist für viele Personen eine der schönsten und stimmungsvollsten im Jahr. Neben Schnee, Kälte und der Wärme in der eigenen Stube sind es die Weihnachtsbeleuchtungen, welche vielen gefallen. Unschwer zu erkennen an den vielen verschiedenen Varianten von Beleuchtungen, die überall aufgehängt und drapiert werden. Sobald es dunkel wird, sind sie zu sehen und im November werden die gängigen Grossverteiler und Baumärkte überschwemmt mit Beleuchtungsmaterial.

Waren es früher noch Tannenbäume oder Sträucher, die man mit einer Lichterkette behängte und so das Symbol des Tannenbaumes auch im Aussenraum erglimmen liess, ist die Vielfalt von Beleuchtungen mittlerweile gross. Sterne, Lichternetze, Rentiere, Samichlaus-Figuren, Rehkitze, Zwerge – es scheint nichts mehr zu geben, was nicht als Weihnachtsbeleuchtung im Garten hinhalten kann. Ebenso hat sich die Beleuchtung von Häuser- oder Balkonsilhouetten durchgesetzt, welche im Dunklen die Bauten in Dörfern und Städten nachzeichnen.

Ein Beispiel dafür ist die Beleuchtung von Roland Bürki in Nürensdorf, welcher seit 30 Jahren mit über 12 000 Lämpchen sein Haus in Szene setzt und von den Nachbarn dafür auch gerühmt wird. Nur einmal hat Roland Bürki die Beleuchtung am ersten Advent nicht bereits eingeschalten und schon wurde er darauf angesprochen, wann er denn gedenke, sie wieder scheinen zu lassen.

Blinkende Formen

Nicht nur die Formen, auch die Farben haben sich vervielfältigt. So waren früher kerzenförmige Beleuchtungslampen der Normalfall, welche dem natürlichen Kerzenlicht nachempfunden waren. Heute sind blinkende, hellweisse, blaue oder rote Farben durchaus salonfähig geworden und werden zahlreich angewendet und aufgehängt. Ob nun die neuen LED-Lämpchen schöner oder zu grell sind gegenüber den früheren Glühlämpchen ist eine Frage des Geschmacks.

Keine Frage ist jedoch, dass der Abendhimmel durch die vielen Beleuchtungen im Advent deutlich heller ist, wie Bilder von Satelliten für die Region um Zürich eindrücklich dokumentieren. Rund um Zürich und in der Agglomeration ist alles hell erleuchtet. Dies ruft auch Kritiker der weihnachtlichen Beleuchtung respektive sämtlicher Beleuchtungen aufs Parkett, die darin schlicht Lichtverschmutzung erkennen und sie nach Möglichkeit vermeiden wollen. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) beschäftigt sich schon länger mit diesem Phänomen der Lichtemissionen und setzt sich mit detaillierten Informationen und einem Siebenpunkte-Plan auf verschiedenen Kanälen für eine Begrenzung von unerwünschtem Licht in der Umwelt ein.

Von Errungenschaft zur Plage

Historisch gilt die Verbreitung des elektrischen Lichts als eine grosse Errungenschaft im letzten Jahrhundert und führte dazu, Arbeiten zu jeder Tages- und Nachtzeit erledigen zu können. Daraufhin wurden Verkehrswege beleuchtet, um eine bessere Orientierung und eine Erhöhung der Sicherheit in der Nacht zu erreichen. Mit der Zeit folgten weitere Anwendungen, wie beispielsweise für Werbezwecke oder Erleuchtung von Sportanlagen sowie auch als Gestaltungselement in der Architektur oder in Gärten.

Allen Beleuchtungen gemeinsam ist die unerwünschte Abstrahlung und Ausbreitung in der Umwelt, welche auf Tiere und Pflanzen wie auch auf Menschen einen Einfluss haben können. Licht regelt den Biorhythmus aller Lebewesen. Beispielsweise verlieren Zugvögel ihre Orientierung oder Insekten verbrennen in Lichtquellen, wie auf der Website des BAFU als negative Auswirkung zu lesen ist. Zwar können LED-Beleuchtungen gezielter ausgerichtet werden, lassen sich auch dimmen – am Ende ist es immer noch Licht, das früher in der Natur so nicht vorkam.

Umweltschutzgesetz als Basis

Lichtemissionen, die durch den Bau und Betrieb von Anlagen in der Umwelt ausgehen, fallen in den Geltungsbereich des Umweltschutzgesetzes, wie das BAFU in einem Bericht schreibt. Dieses schütze Menschen, Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume gegen schädliche oder lästige Einwirkungen. Wer nun also der Meinung ist, dass jeder auf seinem Grundstück machen kann, wie er will, täuscht sich. Bereits seit 1983 ist das Vorsorgeprinzip im Umweltschutzgesetz festgeschrieben und verlangt, dass Einwirkungen, die schädlich oder lästig sein können, frühzeitig zu begrenzen sind.

Wegweisendes Urteil

Dies führte bereits zu mehreren Stelldicheins vor Bundesgericht, welches diesen Grundsatz mehrfach bestätigt hat. Das Bundesgericht hielt in einem der meistbeachteten Fälle im Kanton Aargau 2013 in einem Grundsatzentscheid (BGE 140 II 33) die fehlbare Partei an, die Weihnachtsbeleuchtung auf die Zeit vom ersten Advent bis zum 6. Januar zu begrenzen und von 1 Uhr nachts bis um 6 Uhr auszuschalten. «Damit ist dem privaten Interesse und der Tradition der Advents- und Weihnachtsbeleuchtung ausreichend Rechnung getragen», urteilte das Bundesgericht. Bereits das Verwaltungsgericht berücksichtigte, dass Weihnachtsbeleuchtungen weit verbreitet und üblich seien und deshalb in diesem Zeitraum die Akzeptanz für diese allgemein höher sei.

Vollzugshilfe für Gemeinden

Trotz allem: In ihrem Grundsatzurteil erinnern die Richter in Lausanne daran, dass schädliche, lästige oder schlicht unnötige Emissionen wie eben Licht zu begrenzen sind und ihre Grundrechte nur geringfügig eingeschränkt würden, wenn der Lichterschmuck nicht die ganze Nacht leuchten dürfe. Allerdings lässt sich dadurch keine generelle Regelung über die Zulässigkeit ableiten.
In einer Vollzugshilfe gibt das BAFU einige Anhaltspunkte, wie Gemeinden dies regeln können, primär jedoch für ganzjährige Beleuchtungsquellen. So werden Weihnachtsbeleuchtungen als Ausdruck einer Tradition klassifiziert und können während wenigen Tagen im Jahr akzeptiert werden. Ausser, ein Nachbar fühlt sich «erheblich gestört» und beschwert sich bei der zuständigen Behörde.

Bei Stromrechnung spürbar

Ein weiterer Stein des Anstosses bei Weihnachtsbeleuchtungen ist der Energieverbrauch, welche Gegner gerne auch als Energieverschwendung taxieren. Umso deutlicher, als vor zwei Jahren noch von Energieknappheit die Rede war und Gemeinden ihre Strassenbeleuchtungen früher ausschalteten und auf weihnachtlichen Schmuck gar verzichteten. So sind Weihnachtsbeleuchtungen, welche über vier bis fünf Wochen rund acht Stunden pro Tag leuchten, durchaus auf der Stromrechnung ersichtlich. Beispielsweise zahlt Roland Bürki rund 600 Franken mehr im Dezember für den Energieverbrauch seiner Weihnachtsbeleuchtung. Energie Schweiz gibt Tipps zur Weihnachtsbeleuchtung. Einer davon ist der Einsatz einer LED-Weihnachtsbeleuchtung für den Tannenbaum anstelle von natürlichen Kerzen. Energie Schweiz schreibt dazu: «Rechnet man die Energie ein, die in der Produktion von LED beziehungsweise Kerzen eingesetzt wird, und vergleicht den Kauf von Kerzen mit der Lebensdauer einer LED-Lichterkette, sind die LED sparsamer und günstiger.» Zudem führt sie Sicherheitsaspekte an: es bestehe bei LEDs keine Brandgefahr und es gebe auch keine Rauchentwicklung. Darum müsse man die Räume weniger lüften verschwende auch keine Heizenergie.

Trotz allem gewinnt Energie Schweiz den Kerzen doch auch etwas ab: sollte für eine Person Kerzen eine Stimmung verbreiten, die einem viel gebe – solle man unbedingt auf Kerzen, der alten Tradition gehorchend, zurückgreifen.

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