Bassersdorf

Unabhängig von Gemeindeverwaltung

Der Gemeinderat Bassersdorf informiert über seine Pläne, das Alters- und Pflegezentrum Breiti (APZ) in eine Aktiengesellschaft mit gemeinnützigem Zweck zu überführen. 2018 scheiterten bereits ähnliche Pläne einer Auslagerung bei den Bürgern.

Das Alters- und Pflegezentrum Breiti APZ bietet 56 älteren Menschen eine Wohn- und Lebensmöglichkeit. (zvg)

Das Alters- und Pflegezentrum Breiti (APZ) soll sich nach dem Willen des Gemeinderates Bassersdorf organisatorisch neu aufstellen, wie sie in einer Mitteilung kommuniziert. Der Gemeinderat habe Nachteile erkannt, das Alterszentrum selbst zu führen. Vor allem die Personalfragen im Kontext eines 24-Stunden-Betriebs und eines anspruchsvollen Arbeitsmarktes können mit dem Personalreglement der Gemeinde kaum in Einklang gebracht werden, analysieren sie.

Bereits 2018 lehnte das Stimmvolk eine Abspaltung des APZ von der Gemeinde in eine externe Organisation entschieden ab. Neu soll das APZ jedoch vollständig im Besitz der Gemeinde bleiben, sie bestimme den Leistungsauftrag und setze eine fachkundige Führung ein, so der Gemeinderat. Dies sind erste Ergebnisse aus der im Mai dieses Jahres gestarteten Überprüfung. Der Gemeinderat mandatierte damals eine Projektgruppe mit der Prüfung und Umsetzung der Rechtsformänderung des APZ mit Unterstützung einer externen Begleitung.

Keine Kernkompetenz der öffentlichen Hand

Der Gemeinderat sei in der Pflicht, die Versorgung und Pflege im Alter langfristig zu sichern. Dabei seien die Herausforderungen in der Altersversorgung und die Nachteile der heutigen Organisationsform geblieben. Gemeinderätin Selina Stampfli erklärt: «In den vergangenen sechs Jahren sind die Anforderungen im Pflegebereich weiter gestiegen. Ein 24-Stunden-Pflegebetrieb benötigt viel spezialisiertes Fachwissen. Die Führung eines Pflegezentrums gehört aber nicht zur Kernkompetenz der öffentlichen Hand. Die Verwaltung ist durch den Betrieb zu stark belastet. Eine Professionalisierung soll durch die Bildung einer Aktiengesellschaft mit einem gemeinnützigen Zweck sichergestellt werden. Denn die neue Organisation wird durch einen Verwaltungsrat geführt, der sich mehrheitlich aus Fachpersonen zusammensetzt.»

«In den vergangenen sechs Jahren sind die Anforderungen im Pflegebereich weiter gestiegen.»

Selina Stampfli, Gemeinderätin Bassersdorf

Der Gemeinderat respektiere durchaus den getroffenen Volksentscheid, erläutert Stampfli. Das APZ verbleibe zu 100 Prozent im Besitz der Gemeinde. Diese setze den Verwaltungsrat ein und bestimme die Leistungen. Dennoch erhalte die neue Organisation die notwendige betriebliche Freiheit und mehr Handlungsspielraum.

Schritt halten mit Veränderungen

Heute ist das APZ eine Abteilung der Gemeindeverwaltung. Die betriebliche Führung ist stark in die Verwaltung eingebunden, was die Entscheidungswege länger mache, führt Selina Stampfli aus. «Der Pflegebereich ist im Umbruch. Die neue Rechtsform soll sicherstellen, dass das APZ besser mit den Veränderungen im Gesundheitswesen Schritt halten kann.» Das APZ brauche mehr betriebliche Freiheiten, um auf die Bedürfnisse des Pflegepersonals einzugehen und qualifizierte Fachleute zu halten oder zu gewinnen. Ein weiterer wichtiger Vorteil mit der neuen Rechtsform wird sein, dass allfällige Gewinne in den Betrieb zurückfliessen können. Das ist heute nicht möglich.

«Die neue Rechtsform soll sicherstellen, dass das APZ besser mit den Veränderungen im Gesundheitswesen Schritt halten kann.»

Selina Stampfli, Gemeinderätin Bassersdorf

Pflege- versus Verwaltungspersonal

Der Gemeinderat streicht in seiner Mitteilung hervor, dass der Schritt zur Selbständigkeit vor allem auch eine Verbesserung für das Personal sei. Neben den vereinfachten Zuständigkeiten und Abläufen soll die Flexibilität in den Anstellungsbedingungen für genügend Fachpersonal sorgen – auch im Hinblick auf zukünftige Umsetzungen der Pflegeinitiative. Selina Stampfli dazu: «Die Mitarbeitenden unterstehen künftig nicht mehr dem öffentlich-rechtlichen Personalrecht. Die Löhne und Arbeitszeitmodelle können deshalb in der neuen Organisationsform besser nach den Bedürfnissen eines 24-Stunden-Betriebs im Pflegebereich ausgerichtet werden. Die Umsetzung der Pflegeinitiative verlangt Änderungen, welche im Rahmen des öffentlichen Recht nicht gelten würden oder nur schwer umzusetzen wären: arbeitnehmerfreundlichere Erstellung der Dienstpläne oder Verhandlungen der Arbeitsbedingungen (GAV). Das APZ soll am umkämpften Fachkräftemarkt eine attraktive Arbeitgeberin bleiben können.

Ein Punkt, der bei der Mitteilung des Gemeinderates ins Auge springt, ist: «Die Preise bleiben gleich» – aber kann der Gemeinderat dies zum heutigen Zeitpunkt überhaupt so klar benennen? Selina Stampfli führt aus: «Die Preise ändern sich bei der Übernahme nicht und das APZ wird auch weiterhin für Menschen mit kleinerem Budget bezahlbar sein – zum Beispiel für Menschen mit Ergänzungsleistungen. Eine Leistungsvereinbarung mit der Gemeinde stellt künftig die Qualität und das Angebot für die Bassersdorfer Bevölkerung sicher. Es sind keine hochpreisigen Angebote im residenziellen Bereich geplant. Da die neue Organisation gemeinnützig ist und dem Gemeinwohl dient, dürfen keine Dividenden ausgeschüttet werden. Die Einnahmen fliessen direkt in die Leistungen und den Betrieb.»

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