Bassersdorf

Bassersdorf verschenkt seine Kulturgütersammlung

Der Gemeinderat hat beschlossen, dass diverse Kulturgüter nicht mehr von der Gemeinde archiviert und eingelagert werden. Das gesamte Inventar inklusive drei Kutschen soll möglichst als Ganzes an Interessierte abgegeben werden.

Auch diese Pferdekutsche, welche derzeit in Bauma einglagert ist, ist zu haben. (zvg)

Diese Meldung auf der Gemeindewebseite diese Woche schreckte die Bevölkerung von Bassersdorf auf. Verscherbelt Bassersdorf nun seine Kulturgüter, fragen sich viele?

Die Antwort findet sich im Gemeinderatsbeschluss vom 15. November. Darin begründet der Gemeinderat, warum er die seit Jahren in der Militärunterkunft im Schulhaus Mösli eigelagerten über 180 Kulturgegenstände aus Haus und Hof, wie Dreschflegel, eine Pferdegeschirr, Heugabeln, Petrollampen eine Krämerwage oder Nähschachtel loswerden will. Denn dieser Raum sei für die Lagerung von Kulturgütern nicht geeignet. Die Luftzirkulation sei mangelhaft, trotz des Einsatzes eines Luftentfeuchters. Im August 2021 wurden die Gegenstände neu inventarisiert. Dabei wurde festgestellt, dass einige Gegenstände aufgrund des Klimas Schaden genommen hätten und entsorgt werden müssten.

Erfolglose Suche nach geeigneten Räumen

Das Problem jedoch ist nicht neu. Bereits 2020 wurde die Kultur-und Bibliothekskommission damit beauftragt, für die in der Militärunterkunft Mösli gelagerten Kulturgüter und für die Pferdekutschen im Lagerraum in Bauma sowie eine Dreschmaschine einen Ort zu finden, wo die Gegenstände öffentlich zugänglich sind. Dabei wurde auch abgeklärt, ob die Gemeinde das nun ebenfalls zum Verkauf stehende «Centrumshüsli» der reformierten Kirchgemeinde als Ortsmuseum nutzen könnte. Doch dies sei aus Kostengründen (kostspielige Sanierung und Auflagen des Heimatschutzes) nicht in Frage gekommen, wie es im Beschluss heisst.

Da weder ein geeigneter Raum für die Lagerung all dieser Gegenstände oder für den Betrieb eines Ortsmuseums gefunden werden konnten, wurde beschlossen, das Archiv aufzulösen und die Güter der Bevölkerung zurückzugeben. Dafür wurde nun auf der Gemeindewebseite eine Inventarliste veröffentlich mit allen gelagerten Gegenständen. Gesucht werden nun ein Verein oder Private, welche das gesamte Inventar übernehmen könnten. Interessenten können sich bis am 10. Januar 2023 über diese E-Mail-Adresse melden: bildung-familie@bassersdorf.ch 

Gleichzeit wurden die Schulen angefragt, ob sie Teile davon in ihre Sammlungen aufnehmen wollen. Findet sich kein Abnehmer soll der Bevölkerung an einem Tag der offenen Tür die Gelegenheit gegeben werden, die einzelnen Gegenstände kostenlos zu übernehmen.

Ebenfalls zu haben sind die drei Kutschen, welche derzeit in Bauma eingelagert sind, sowie die Dreschmaschine.

«Es braucht Leute mit neuen Ideen»

Selina Stampfli, Bassersdorfer Gemeinderätin

Problem lange hinausgeschoben

Ist es nicht zu kurzsichtig, solche gesammelten Kulturgüter und Zeitzeugen einfach abzustossen? Die zuständige Gemeinderätin Selina Stampfli verneint. «Das Thema beschäftigt den Gemeinderat schon lange und ein Entscheid wurde in Ermangelung einer Alternative immer hinausgeschoben.» Doch die Aufbewahrung solcher Gegenstände, die oft bei Wohnungsräumungen an die Gemeinde herangetragen wurden, mache wenig sind, wenn sie nicht öffentlich zugänglich sind. Ausserdem sei das Interesse in der Bevölkerung sehr gering. Dazu komme, dass verschiedene Gutachten gezeigt hätten, dass die meisten Gegenstände sowohl kommunal wie regional kaum einen historischen Wert aufweisen würden, so die Vorsteherin des Ressort Gesellschaft + Kultur und Vorsitzende der Fachkommission Kultur + Bibliothek.

Sie sei sich allerdings auch bewusst, dass dies ein sehr emotionales und sensibles Thema sei, meinte sie gegenüber dem dorfblitz. Trotzdem sei es an der Zeit etwas zu verändern. «Es braucht Leute mit neuen Ideen», ist sie überzeugt. Sie signalisierte denn auch Bereitschaft, dass der Gemeinderat auch finanziell unterstützen könnte, falls sich ein Verein oder eine Institution diesen Kulturgütern mit einem konkreten Konzept annehmen würde.

Eine Inventarliste der Kulturgüter finden Sie hier.

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