Bassersdorf

Engagierte Diskussionen an Hochwasserschutz-Exkursion

Seit Jahren prüft die Gemeinde Massnahmen, um sich gegen ein drohendes Hochwasser zu wappnen. Eine Exkursion der Fachkommission Landwirtschaft + Naturschutz zeigte die Herausforderungen des Projektes auf.

Theresa Pabst von den égü Landschaftsarchitekten erklärt, wie das Dorfzentrum im Zuge der Schutzmassnahmen neu gestaltet werden könnte. (bg)
Bei Starkregen kann der Altbach bevor er unter dem Löwenkreisel verschwindet ganz schön anschwellen. (Archiv rh)
Der Altbach fliesst nach der Verzweigung unter dem Löwenkreisel zwischen den Häusern im alten Dorfkern hindurch. Bis jetzt vermochte er auch grössere Wassermengen zu schlucken. (Archiv rh)
Oft fehlt nicht viel und der Auenbach (hier beim Bahnhof) tritt über die Ufer. (Archiv rh)

Die Kulisse passte: schwere Regenwolken hingen über dem alten Schützenhaus am Auenring, während sich drinnen die Leute um Gefahrenkarten bei Hochwasser und um Pläne mit Entlastungsstollen bei Starkregen scharten. «Bassersdorf ist eine der am stärksten von Hochwasser bedrohten Zürcher Gemeinden», erklärte Adrian Huber von der Firma IUB Engineering AG. Grund dafür ist die spezielle Topographie: Während in der Regel der Bach in der am tiefsten gelegenen Region einer Gemeinde fliesst, liegt Bassersdorf auf dem Schwemmkegel des Altbachs und damit quasi unterhalb des Bachs – tritt dieser über die Ufer, ist also im Nu das ganze Gemeindegebiet betroffen. «Bisher hatte Bassersdorf Glück», betonte Huber. Die von Hydrologen berechnete Abflussmenge eines möglichen «Jahrhundertereignisses» sei mehr als doppelt so gross wie die Menge, die oberhalb des Löwenkreisels Platz habe, führte Huber aus.

Frage nach Fortschritt

Um einem solchen Ereignis zuvorzukommen, arbeitet die Gemeinde seit Jahren an einem Hochwasserschutzkonzept. Zur Diskussion stehen derzeit drei Entwürfe (siehe Box). Die Anwesenden sparten bei der Präsentation nicht an Kritik. Die Berechnungen seien falsch, hiess es etwa. Ein anderer monierte, in den zwei Jahren seit der letzten Projektpräsentation sei null Fortschritt zu erkennen. Huber erwiderte, dass die Zeit für diverse Absprachen mit Kanton und Bund, für Messungen und für Pläne genutzt worden sei.

Am zweiten der insgesamt drei Posten referierten die Landwirte Bettina Hübscher und Hansueli Wettstein zu den Auswirkungen von Hochwasserschutz-Projekten auf die Landwirtschaft. Bei der im Zuge des Hochwasserschutzprojektes geplanten Offenlegung des Bachtobelbachs gingen über vier Hektaren Landwirtschaftsland verloren, rechnete Hübscher vor. «Man sollte bei solchen Projekten also auch gut abwägen, was das für die Landwirtschaft bedeutet», forderte sie. Letztlich stehe die Nahrungsmittelversorgung der Schweiz zur Debatte.

Dorfzentrum verschönern

An der dritten Station erläuterten Mathieu Camenzind von Aquaplus AG sowie Theresa Pabst und Martin Keller von égü Landschaftsarchitekten, wie die Gewässer bei einer Revitalisierung gestaltet würden und wie damit das Dorf aufgewertet würde. Indem man den Bachtobelbach mehr Platz einräume und ihn so sichtbarer mache, könnte man die Siedlungsgrenze zwischen Bassersdorf und Kloten deutlicher machen, so Keller. Die Umgestaltung des Altbachs wiederum böte die Chance, das Dorfzentrum aufzuwerten, neue Plätze zu schaffen, Brunnen sinnvoll zu versetzen, Bäume zu pflanzen und den Bevölkerung Zugang zum Bach zu schaffen, sagte Pabst.

Von solchen Ideen zeigten sich die Anwesenden zwar angetan, aber einige betitelten sie gleichzeitig als «Fantastereien». Ob durchdacht sei, dass das enorm viel Geld koste und dass damit Landenteignungen nötig wären, und was man zu tun gedenke, wenn der Biber auftauche und mit seinen Dämmen die Bachläufe staue und so die Schutzmassnahmen quasi sabotiere? Die Referenten erklärten, es ginge derzeit nur darum, Varianten zu prüfen. Letztlich sei es dann ein politischer Entscheid, was und wie umgesetzt wird.

Im Anschluss an die Veranstaltung diskutierten die Anwesenden bei Bratwurst und Getränk weiter über das Gehörte. Man habe «viele gute Informationen» erhalten, sagte einer. Eindruck hinterlassen hat auch, «welch hohen Anforderungen es bei solchen Projekten» heute gäbe, meinte ein anderer. «Da kommen ganz viele Ansprüche zusammen.»

Zwei Lösungsvarianten in konkreter Evaluation

In Bassersdorf werden schon seit einem halben Jahrhundert Lösungen gegen die drohende Hochwassergefahr gesucht. Bisherige Projekte wurden aber stets verworfen oder an der Urne abgelehnt. Derzeit werden die Projekte «Entlastungsstollen» und «Gewässerausbau» weiterverfolgt; die dritte Variante «Entlastungskanal Gleisweg» –auch «Sallenbach»-Variante genannt nach der Idee von Hans-Heinrich Sallenbach – ist eine Untervariante der Variante «Gewässerausbau».

Beim Entlastungsstollen würden die Abflüsse des Altbachs und des Birchwilerbachs nördlich von Bassersdorf durch einen Entlastungsstollen in den Bachtobelbach geleitet. Geschätzte Bauzeit: rund zwei Jahre.

Beim Gewässerausbau würde die Abflusskapazität der Gewässer erhöht, die durch Bassersdorf fliessen. Unter anderem müssten dazu 24 Brücken angepasst werden. Geschätzte Bauzeit: rund zwanzig Jahre. In der Untervariante ist ein Entlastungskanal ab Löwenkreisel vorgesehen. (bg)

Diesen Artikel können Sie liken!