Nürensdorf

Schulleiter Felix Pfister wird nach 40 Jahren Tätigkeit pensioniert

Mit Beginn der Sommerferien geht Felix Pfister der Schulleiter des Schulhauses Hatzenbühl in Nürensodrf in Pension. Er war 25 Jahre als Sekundarlehrer und 15 Jahre als Co-Schulleiter tätig. Im Interview mit dem dorfblitz blickt der 65-jährige auf 40 Jahre Berufsausübung im Schulbereich zurück.

Hat in seinen 40 Jahren Berufsausübung an der Schule Hatzenbühl in Nürensdorf viel schönes erlebt. (ar)

Felix Pfister, Sie konnten kürzlich Ihren 65. Geburtstag feiern. Was ging Ihnen dabei durch den Kopf?
Natürlich, dass nun langsam eine Ära, nämlich mein Berufsleben, zu Ende gehen wird. Privat habe ich zum Glück viele Interessen, so dass ich keine Angst habe, in ein grosses Loch zu fallen. Aber ich gebe zu, das ist schon ein Einschnitt. Einst war dieser Tag sehr weit weg, nun steht er quasi schon vor der Tür.

Mit Beginn der Sommerferien werden Sie nach 40 Jahren Berufsausübung an der Schule Hatzenbühl pensioniert. Sicherlich hat sich vieles verändert. Was am meisten?
Nach 25 Jahren als Lehrer und weiteren 15 Jahren als Co-Schulleiter und Lehrer habe ich tatsächlich einiges miterlebt, das stimmt. Grundsätzlich ist die Schule in dieser Zeit professioneller, aber auch hektischer geworden.

Das heisst aber auch, teilweise etwas weniger menschlich, distanzierter als früher und vieles verläuft heute korrekt nach Paragraph. Das betrifft auch den Umgang mit Eltern. Hinzu kommen die Veränderungen in der IT, die heute nicht mehr wegzudenken sind. Nur schon die letzten fünf Jahre waren massiven Veränderungen unterworfen. Auch die Schülerinnen und Schüler haben sich verändert. Sie sind sehr viel offener und selbstbewusster geworden und die frühere Hierarchie gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern besteht nicht mehr im selben Mass. Dies ist sicher positiv, kann aber umgekehrt bei einzelnen Schülerinnen und Schülern zur Gefahr führen, dass sie Lehrpersonen nicht mehr als Respektpersonen wahrnehmen.

Was hat sich denn betreffend Schulleben im Schulhaus Hatzen­-
bühl geändert?
Die Technik natürlich, aber auch der allgemeine Betrieb. Heute sind die Klassen nicht mehr allein mit ihrem Lehrer unterwegs und dies bei geschlossener Zimmertür. Früher war die Lehrperson als Einzelkämpfer tätig. Heute wird viel mehr im Team und klassenübergreifend gearbeitet. Die Zusammenarbeit wird
immer wichtiger. Diese Zusammenarbeit muss vorgängig geregelt werden. Unsere Lehrkräfte arbeiten auch nicht mehr alle in einem Vollzeitpensum, so dass die einzelnen Klassen automatisch mehrere Lehrkräfte haben. Das hat Vor- und Nachteile, ganz klar.
Früher war «Lehrer sein» vielmehr eine Berufung, vergleichbar mit der Funktion eines Hauswarts. Die Aufgaben waren einigermassen klar, Stunden wurden weder gezählt noch aufgeschrieben. Heute haben wir Lehrpersonen einen Berufsauftrag mit vorgeschriebenen Arbeitszeiten, an welchen wir festhalten müssen. Auch grenzt man sich anders ab. Die Zeiten, in denen man auch am Wochenende mit einer Schülergruppe noch zu einem freiwilligen Sportturnier fuhr, sind eher vorbei.
Reden wir von der Schülerschaft. In welcher Hinsicht haben sich die Kinder und Jugendlichen verändert?
Neben den bereits erwähnten Punkten sicher auch in ihren Erwartungen. Man muss schon dranbleiben, damit man mit ihnen – gerade im Bereich der neuen Medien – mithalten kann. Dann sind die Grenzen zwischen ‹was ist gut› und ‹was ist schlecht› nicht mehr so klar, wie es vor 40 Jahren war, als man über Wertevorstellungen viel weniger diskutierte. Auch bei den Eltern nicht. Was heute für die einen stimmt, gilt für andere dann eben nicht. Selbstverwirklichung und Individualisierung sind heute gesellschaftliche Probleme.

Ist Lehrerin/Lehrer immer noch ein Traumberuf?
Ja, denn es ist ein schöner, sinnstiftender Beruf, in dem man trotz vieler Regeln auch viele Freiheiten geniessen kann.

«Mit Menschen zu arbei­ten und junge Menschen auf dem Weg zur Berufs-
findung zu begleiten, ist eine erfüllende
Arbeit.»

Felix Pfister, Schulleiter Schulhaus Hatzenbühl

Im Gespräch mit meinen Kolleginnen und Kollegen stelle ich auch fest, dass sie eigentlich durchs Band alle gerne als Lehrkräfte und nicht nur des Geldes wegen arbeiten. Mit Menschen zu arbeiten und junge Menschen auf dem Weg zur Berufsfindung zu begleiten, ist eine erfüllende Arbeit.

Was haben Sie in Ihrer Tätigkeit als Lehrer am meisten
geschätzt?
Auf der einen Seite sicher die Tatsache, dass man immer gewisse Freiheiten geniesst und auch, dass ich nicht wie in der Wirtschaft vorgeschriebene Zahlen erreichen musste. Klar muss man sich an den Lehrplan halten, aber in der Gestaltung des Unterrichts war ich doch immer einigermassen frei und hatte einen grossen Spielraum. Für mich eigentlich gleichgestellt wie ‹die grosse Freiheit›. In Bezug auf das Schulleben im Hatzenbühl war es ein Glück, dass wir immer ein gut funktionierendes Team mit einer positiven Grundstimmung hatten. Und nicht zu vergessen, auch gute und interessierte Behördenmitglieder, die uns unterstützten. Das erklärt allenfalls auch, weshalb ich so lange hier tätig war. Das hat nichts mit Langeweile zu tun, sondern mit der Tatsache, dass es immer stimmig war.

40 Jahre lang als Lehrer zu arbeiten und das in der gleichen Schule, ist doch eher ungewöhnlich lang. Wie haben Sie das geschafft?
Wie schon erwähnt, hat das Umfeld einfach immer gepasst. Ich bin jeden Tag gerne zur Arbeit gegangen. Die Zeit war auch abwechslungsreich. Zudem hat mich meine Familie stets gut unterstützt. Ich hatte neben der Schule immer auch noch andere Interessen und Aufgaben. Und war zum Glück bis jetzt auch mit einer robusten Gesundheit gesegnet, die mir das ermöglichte. Ich bin nie in Gefahr gestanden, auszubrennen.

Und was schätzen Sie am meisten als Schulleiter?
Ich habe immer gerne organisiert, trage gerne Verantwortung und habe gerne einen Gesamtüberblick. Am Anfang war ich noch Co-Schulleiter und Klassenlehrer. Das war ein schwieriger Spagat, welcher heute undenkbar ist. Die Rollen waren nicht immer eindeutig geklärt. Wir im Hatzenbühl konnten die Schulleitung immer unter zwei Personen aufteilen, was ich als absoluten Gewinn erachte. Als positiv sehe ich auch, dass mich mein Team immer akzeptiert hat, so wie ich bin, und mich so in meiner Arbeit als Schulleiter unterstützt hat.

Wo lagen die grössten Probleme?
Ich glaube, es gab wirklich keine grösseren Probleme, sonst hätte ich das nicht 15 Jahre lang gemacht.

Aber klar, manchmal müssen Entscheide gefällt werden, mit denen man nicht allen Anspruchsgruppen gerecht werden kann. Ich konnte nicht immer alle Privatwünsche von Einzelnen erfüllen. Das war der eher anstrengende Teil meiner Arbeit. Ich musste dann jeweils die Rollen zwischen Schulleiter und Kollege, respektive Mensch, trennen.

Wenn Sie in die Zukunft blicken – was wünschen Sie sich für die Schulen im Allgemeinen?
Das ist eine schwierige Frage, weil ich ja nicht mehr an dieser Zukunft mitbaue. Ich wünsche mir für die Schule und insbesondere fürs ‹Hatzi›, dass es weiterhin gut läuft, dass der gute Geist erhalten bleibt.
Die Schulen allgemein werden sich auch in Zukunft stark verändern müssen. Und ich wünsche mir, dass sie auch künftig die Anforderungen an unsere Gesellschaft gut meistern können. Die Integration aller Kinder und die Heterogenität der Schulklassen sind künftig ein grosses Thema. Natürlich gibt es heute Schulsozialarbeiter, Heilpädagogen, Schulpsychologen und Schulassistenzen, die unterstützen. Anspruchsvoll wird es gleichwohl bleiben.

Welchen Rat haben Sie für eine junge Lehrerin oder Lehrer?
Es geht ja darum, dass man zufrieden, erfüllt und glücklich bleiben kann in diesem Beruf. Für mich war immer wichtig, dass ich mich nicht nur alleine über die Schule definiere, sondern auch noch andere Standbeine hatte. Das heisst, man muss als Lehrperson seine Kräfte gut einteilen, damit man nicht vor lauter gutem Einsatzwillen ganz plötzlich ausbrennt. Plakativ gesagt: Darauf achten, dass die ‹Work-Life-Balance› im Lot bleibt.

Man darf davon ausgehen, dass Sie ab dem Sommer etwas freier sind in Ihrer Zeiteinteilung. Was möchten Sie nach Ende Ihres beruflichen Alltages anpacken?
Grundsätzlich einmal etwas runterfahren, nicht mehr sieben Dinge gleichzeitig im Kopf haben, die alle darauf warten, erledigt zu werden. Ob ich das schaffe, ist eine andere Frage. Nun wird mein Alltag sicher nicht mehr durch einen fixen Stundenplan getaktet sein. Ich betätige mich auch gerne handwerklich und treibe sehr gerne aktiv Sport. Das soll alles mehr Raum erhalten und ich werde sicherlich mehr Zeit in den Bündner Bergen verbringen. Was gar nicht geplant ist, ist eine grosse Weltreise oder ähnliches. Auf all die vielen neuen Freiheiten freue ich mich sehr.

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