«Unsere Familien sind im Krieg»
Das ukrainische Ehepaar Caterina und Vitalie Cornetchi hat den Kriegsausbruch in ihrem Heimatland erlebt. Sie sind aus ihren Ferien zurück nach Bassersdorf geflüchtet und mussten ihre Familien zurücklassen.
Sie sind kürzlich aus der Ukraine zurückgekehrt. Wie geht es Ihnen?
Caterina Cornetchi: Uns geht es grundsätzlich gut, denn wir sind jetzt in Sicherheit. Wir haben aber kein gutes Gefühl, denn unsere Familien sind immer noch vor Ort. Mein Halbbruder kämpft beispielsweise im Moment für die Ukraine im Krieg.
Vitalie Cornetchi: Wir wollten eigentlich in den Sportferien unsere Verwandten in der Ukraine besuchen. Jetzt mussten wir unsere Familien und unser Heimatland zurücklassen.
Wie haben Sie vom Kriegsausbruch erfahren?
Vitalie Cornetchi: Meine Mutter hat am Morgen um 8.00 Uhr an unsere Zimmertür geklopft und gesagt: «Der Krieg hat begonnen.» Wir waren alle geschockt und konnten es nicht glauben.
Caterina Cornetchi: Wir haben sofort gepackt und sind zu Fuss über die Grenze nach Rumänien gegangen. Dort wurden wir sehr herzlich von den Leuten aufgenommen und versorgt. Nach zwei Tagen konnten wir über Italien nach Zürich fliegen.
Mit welchem Gefühl habt ihr die Ukraine verlassen?
Caterina Cornetchi: Sehr schlimm war die Verabschiedung bei unserer Familie. Es war vielleicht unser letztes Treffen mit ihnen. Wir wissen es nicht.
Vitalie Cornetchi: Wir wussten nicht was wir machen sollten. Wir wollten so schnell wie möglich mit unseren zwei Kindern in Sicherheit gelangen. Wir haben aber auch den Ort zurückgelassen, wo wir aufgewachsen sind und wo wir unsere liebsten Menschen haben.
«Meine Halbgeschwister kämpfen in Kiew und in Charkiw an der Front und verteidigen unser Heimatland.»
Wie geht es Ihrer Familie zurzeit?
Vitalie Cornetchi: Unsere Eltern wollten nicht mit uns in die Schweiz flüchten. Sie wollen die Ukraine verteidigen. Ihr Wohnort ist bis jetzt vom Krieg verschont geblieben. Jedoch haben nur 70 Kilometer entfernt Raketen den Militärflughafen zerstört.
Caterina Cornetchi: Meine Halbgeschwister kämpfen in Kiew und in Charkiw an der Front und verteidigen unser Heimatland. Es ist eine unvorstellbare Situation.
Wie verfolgen Sie das Geschehen in der Ukraine?
Caterina Cornetchi: Wir sind ständig am Handy und versuchen uns über die aktuelle Situation zu informieren. Wir telefonieren jeden Morgen mit unseren Familien. Wenn sie das Telefon nicht sofort abnehmen, bekommen wir grosse Angst.
Sie haben noch zwei kleine Kinder. Wie gehen diese mit der Situation um?
Caterina Cornetchi: Sie verstehen natürlich nicht genau, was passiert. Unsere Tochter sagt immer: «Mama, jetzt schau nicht immer diese schlimmen Videos.» Wir versuchen das Wort «Krieg» möglichst wenig zu verwenden.
Wie nehmen Sie die Solidarität mit der Ukraine wahr?
Vitalie Cornetchi: Ich arbeite als Pöstler in Bassersdorf. Meine Arbeitskollegen sind sehr solidarisch und unterstützen mich in dieser schwierigen Zeit.
Caterina Cornetchi: Wir freuen uns, dass die Welt mit uns ist. Es gibt einem sehr viel Kraft in dieser schwierigen Situation. Hoffentlich ist der Krieg bald zu Ende.
Weitere Informationen
Caterina und Vitalie Cornetchi sind beide in der Ukraine geboren und dort aufgewachsen. Vor vier Jahren ist Vitalie in die Schweiz gezogen und hat sich hier ein neues Leben aufgebaut. Caterina ist zwei Jahre später mit den Kindern nachgekommen. Beide besitzen einen rumänischen Pass, weshalb auch Vitalie die Ukraine trotz der angespannten Lage verlassen konnte. Caterina Cornetchi arbeitet zurzeit als Brückenbauerin bei der internationalen Plattform Bassersdorf.