Brütten

Über 100 Personen melden sich auf Hilferuf

Das Alterszentrum im Geeren in Seuzach (Azig) wurde im November letzten Jahres von Coronafällen heimgesucht. Die Krise hat das Alterszentrum zu einem speziellen Schritt gezwungen: einen Hilferuf an die Öffentlichkeit.

Im Alterszentrum im Geeren in Seuzach finden ältere Personen ein Zuhause und werden fachlich betreut. (zvg)

Bis Ende Oktober letzten Jahres blieb das Alterszentrum im Geeren in Seuzach (Azig) verschont vor Coronafällen. Mit dem ersten Fall in einer Wohngruppe ging es anschliessend «Schlag auf Schlag», wie Sandra Wild, Leiterin Pflege und Betreuung, erzählt. Auch wenn man noch so gut vorbereitet sei, breite sich das Virus in den Pflegegruppen und unter den Mitarbeitern sehr schnell aus. «Wir haben alle Bewohner und Mitarbeiter durchgetestet und sind auch auf Fälle in anderen Bereichen gestossen.»

Daraufhin wurden Bewohner isoliert, Mitarbeiter mussten ebenfalls zuhause in die Quarantäne und der Aufwand mit dem Anziehen der Schutzkleidung und der Zusatzbetreuung der Bewohner, denen die Situation arg zusetzte, erforderte mehr Personal. In Wahrheit hatte Sandra Wild jedoch massiv weniger Personal zur Verfügung, da auch Mitarbeiter ausfielen, die zwar kein Corona hatten, aber wegen eines Familienmitglieds in Quarantäne mussten. Fazit: «Ich sah einfach, dass wir es nicht mehr schaffen können mit den vorhandenen Ressourcen. Eine solche Situation habe ich noch nie erlebt – es war wirklich sehr strub.»

«Es war nicht einfach eine ungewohnte Situation – es war eine handfeste Krise, die wir lösen mussten.»

Die Verantwortlichen im Azig griffen auf unkonventionelle Methoden zurück und starteten einen Aufruf in der Bevölkerung. «Es war nicht einfach eine ungewohnte Situation – es war eine handfeste Krise, die wir lösen mussten. Das verlangte auch der Respekt gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die den Betrieb noch aufrechterhielten.» Zudem war der freie Markt für Pflegekräfte ausgetrocknet, daher konnten so schnell keine Fachkräfte akquiriert werden. Obwohl sie einen Personen-Pool für Notfälle hätten, sei der enorme Zeitdruck, möglichst schnell Hilfskräfte zu finden, ein Treiber für die unkonventionelle Lösung gewesen.

Viele Anrufe getätigt

Erstaunlicherweise meldeten sich auf den Aufruf rund 100 Personen, mehrheitlich Frauen. Anhand von Telefongesprächen versuchten die Verantwortlichen herauszufinden, wie die Personen verfügbar seien. «Wichtig war uns, dass wir über längere Zeit auf die Interessierten zurückgreifen können – nicht nur für einen oder zwei Einsätze.» Ein weiteres Kriterium war die Bereitschaft, abends und nachts einspringen zu können. «Der Aufwand war gross, allein die logistischen Dinge wie der Zutritt, Schlüssel und Einweisung der Personen. Daher beschränkten wir uns auf ein paar Personen.»

Entscheid erwies sich als richtig

«Es war eine gute Entscheidung», zieht Sandra Wild ihr Fazit. «Es hat uns geholfen und die Bewohner waren froh um jemand, der ihnen Zeit schenkte und mit ihnen spaziergehen konnte.» Auch von den Trägergemeinden kam keine Kritik, ebenso wenig wie von den Angehörigen. «Alle waren froh, dass man eine gute Lösung fand und für die Mitarbeiter war es ein wichtiges Signal, dass wir ihre Situation und Hilferufe ernst nahmen.»

Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt, seit Dezember hat es keinen neuen Coronafall mehr gegeben. Noch im März werden alle Impfwilligen zum zweiten Mal geimpft, wovon sich die Pflegeleiterin weitere Erleichterung der Situation verspricht. Geärgert hat sie sich über die Berichterstattung, dass die Bewoh-nenden eingesperrt gewesen seien. «Die gesunden Bewohner konnten sich frei bewegen und weiterhin draussen spazieren gehen auf dem Gelände. Sie trugen ebenfalls Masken wie wir alle, aber das Einsperren war ein Ammenmärchen.» Man sorge gut für die Bewohnerinnen und Bewohner – auch in solch schwierigen Zeiten.

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