Brütten

Viel Kritik wegen fehlender Jahresrechnung

An der Gemeindeversammlung Ende Juni hagelte es von den Parteivertretern und der RGPK viel Kritik an der fehlenden Jahresrechnung 2021. Die Botschaft für den Gemeinderat ist klar: die Brüttener wollen jetzt Klarheit und eine Jahresrechnung 2021 vorliegen haben.

Dunkle Wolken ballen sich über Brütten in Bezug auf die Buchhaltungsprobleme. (sg)
Der Einsatz der abtretenden Behördenmitglieder wurde mit Blumen verdankt. (v.l.) Markus Graf und Sylvie Kessler (Schulpflege), Rudolf Bosshart (Gemeindepräsident), Niklaus Blaser und Urs Schöni (beide RGPK). (sg)

Obwohl sich Gemeindepräsident Rudolf Bosshart und Finanzvorstand Martin Sichler an der Gemeindeversammlung Ende Juni viel Mühe gaben, die Gründe darzulegen, warum man die Jahresrechnung 2021 nicht präsentieren konnte, fehlte den Stimmbürgern das Verständnis. Von «peinlich für die Gemeinde Brütten» bis zu «es geht so nicht» hingen die Voten in der Mehrzweckhalle Chapf.

In der Tat sind die Probleme mit der Buchhaltungssoftware und Abstimmungsdifferenzen keine neue Botschaft für die Brüttener. Bis heute zeigten die Stimmbürger noch viel Verständnis für die Situation, da der Gemeinderat schon länger offen kommuniziert und die Karten auf den Tisch legte. Jetzt drängen jedoch die Parteivertreter und auch die RGPK auf eine Lösung.

Bezirksrat setzt Frist

Der Bezirksrat und das Gemeindeamt haben die Frist auf Ende September 2022 gelegt – bis dann muss die Jahresrechnung 2021 vorliegen. Ein Tipp führte die Finanzabteilung zur Gemeinde Dietlikon, deren Finanzabteilung sehr versiert sei und die tatsächlich eine Person stellen konnten, die gemeinsam mit Springern die Differenzen definitiv aufspüren solle. Diese Personen haben bereits angetönt, wie eng diese zeitliche Vorgabe sei, da die RGPK-Mitglieder auch noch Zeit bräuchten, sich die Jahresrechnung genau anzusehen, was den Termin auf Ende Juli setzt.

Alles in allem eine verfahrene Situation, die ein schales Gefühl hinterlässt über fehlende Kompetenzen. Finanzvorstand Martin Sichler verwehrt sich dagegen: man könne mit Sicherheit sagen, dass kein Geld unterschlagen wurde oder sonstige Unrechtmässigkeiten vorlägen. Die Gründe seien wie kommuniziert: personelle Wechsel, Probleme mit der Buchhaltungssoftware und die Umstellung auf HRM2.

Outsourcing der Buchhaltung

Martin Sichler, der das Amt erst vor gut eineinhalb Jahren übernommen hat, erklärte daraufhin, wie der Gemeinderat in Zukunft solche Pannen vermeiden will. Es liege ein Vertragsentwurf vor mit einer auf Gemeinderechnungen spezialisierten Firma, um die Buchhaltung an diese auszulagern. «Die Gemeinde konzentriert sich dann auf die Budget- und Finanzplanung.» Der Preis dafür belaufe sich in etwa auf ein Finanzverwalter-Pensum von rund 70 Prozent, «unterm Strich kommt es uns nicht teurer zu stehen als eine qualifizierte Person, allerdings mit dem Vorteil, dass Personalausfälle abgedeckt sind». Sichler stellte klar, dass es schwierig sei, eine Person für die kleine Gemeinde Brütten zu finden und dankte der heutigen Finanzbuchhalterin für ihren «übermenschlichen Einsatz» in den letzten Monaten. Da jede Person auf der Verwaltung mit Zahlen zu tun habe, habe ein solcher Entscheid auch Auswirkungen auf alle – aber: «Die Mitarbeiter haben sich für eine solche Lösung ausgesprochen».

«Dennoch ist es peinlich, da es die anderen 161 Gemeinden auch geschafft haben, eine Jahresrechnung zu erstellen.»

Niklaus Blaser, Präsident RGPK Brütten

Peinlich für Gemeinde

Auch wenn es kein traktandiertes Geschäft war, meldete sich RGPK-Präsident Niklaus Blaser zu Wort. «Es ist keine schöne Situation», sagt er, «bereits die Jahresrechnung 2020 wurde nicht angenommen, jetzt fehlt die Rechnung 2021 vollständig.» Er bedanke sich bei Martin Sichler und der Finanzverwalterin für ihren grossen Einsatz. Dennoch sei es peinlich, da es die anderen 161 Gemeinden auch geschafft hätten, eine Jahresrechnung zu erstellen. Zudem habe es den Steuerzahler mittlerweile gut eine halbe Million Franken gekostet. Ein Outsourcing könne eine attraktive Lösung sein, aber man gebe sensible Daten gegen aussen – vom Millionär bis zum Sozialhilfebezüger – es betreffe also alle Personen auf die eine oder andere Art.

Fehlender Ehrgeiz

Auch die Parteivertreter meldeten sich daraufhin zu Wort. SVP-Präsident Jürg Stahl monierte, dass man im Frühling 2021 den Weg des Gemeinderates respektiert habe, jetzt aber feststelle, dass man ein Jahr später noch am selben Ort stehe, obwohl im Weisungsbüchlein stand: «…die Fehler sind bereinigt.» Und doppelte nach: «Der Gemeinderat zeigt hier fehlenden Ehrgeiz, diese Situation als Team zu bereinigen». Die Vorlegung einer Jahresrechnung sei ein wichtiger Auftrag einer Gemeinde, das sollte man nicht in den Sand setzen. Sein Fazit: «Nicht erfüllt – besser machen!»

FDP-Vertreterin Sylvie Kessler ergänzt, dass es aus Sicht der FDP unschön sei. Die Finanzen seien jedoch solid und der wichtigste Punkt: es liege keine Veruntreuung vor. Die FDP stehe dafür ein, mit Steuergeldern sachte umzugehen und keine halbe Million Franken für Fehler aufzuwenden, die längst hätten behoben werden sollen. Eine Auslagerung sieht sie wegen des Datenschutzes eher kritisch, aber die Gemeinde habe jetzt in der Finanzverwaltung als Arbeitgeberin einen schlechten Ruf geschaffen, daher müsse jetzt eine nachhaltige Lösung angepeilt werden.

«Der Gemeinderat zeigt hier fehlenden Ehrgeiz, diese Situation als Team zu bereinigen».

Jürg Stahl, Präsident SVP Brütten

Pgv-Präsident Guido Schärli schloss sich den Rednern an und ergänzte, dass der Gemeinderat nun die allerletzte Chance habe, transparent aufzuarbeiten und zu kommunizieren. «Erst wenn alles auf dem Tisch liegt, können wir eine Beurteilung vornehmen.»

Die Parteiexponenten waren sich einig, dass es für den abtretenden Gemeindepräsidenten ein unschöner Abschluss sei, sein Engagement sei gross gewesen und verdankenswert. Rudolf Bosshart entgegnete daraufhin, dass der Gemeinderat nicht leichtsinnig umgegangen sei mit der Problematik und es ernst genommen habe. Aber: «Es ist kein Ruhmesblatt für die Gemeinde.»

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